15.10.2020 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, Feldafing

Seit Tagen und Wochen kommen jetzt die Anfragen, irgendwo in unserem Land zu predigen. Dem kann ich gar nicht nachkommen, um nicht das zu verlieren, was ich predige: In meiner Mitte bleiben, in der Kraft bleiben! Noch schwingt die erste Welle mit hunderten von Kommentaren und auch Spenden über meinen Schreibtisch und ich versuche sie alle zu lesen. Weil ich aber nicht so computeraffin bin, kann ich nicht jedem antworten. Aber wie tief geht der Riss in unserem Land schon, wenn ich von Nahestehenden höre, dass es sie vor mir „ekelt“, wenn ich so öffentlich rede? Das bewegt mich. Welche emotionalen Souterrains haben wir erreicht, dass eine politische aber auch spirituelle Bewegung in unserem Land mit Worten bedacht wird, die eher an den angstbesetzten Umgang mit Ungeziefer erinnert als an Mitmenschen? Ich lasse es wirken und antworte nicht. Ich lasse es stehen.
Derweil muss die Tagesarbeit erledigt werden: Aus den letzten über zwanzig Gemeinden und Initiativen die neun oder zehn zu finden, die dieses Jahr 10.000 Euro für ihre Sozialarbeit bekommen. Das ist so schwer zu entscheiden, weil die Seele immer mit denen geht, denen wir gerade nicht helfen können. So ist sie nun mal. Hat mein Freund und auch Lehrer seligen Angedenkens Bert Hellinger schon beobachtet. Und während der Tag nun vorbei geht, habe ich mich entschlossen am 1.11. in München auf der Theresienwiese zum Allerheiligenfest zu reden.