07.08.2020 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, Feldafing

Warum sagt man uns aus Berlin oder München nicht klar, wie die Lage in Coronazeiten unbestritten ist:
Das Virus wird bei uns bleiben. Punkt! Wie immer man das auch nennt: Zweite, dritte, vierte, hundertste Welle. Wenn ein Stein ins Wasser fällt, wird man die Wellen am Ende nicht zählen können. Aber eines ist sicher. Sie werden immer flacher. Das war doch mal das Ziel: Die Kurve verflachen! Ausrotten kann man den Virus nicht. Wir werden damit leben müssen und auch können. Wenn wir Schritt für Schritt aber zügig alle Maßnahmen aufheben, müssen wir nur darauf achten, dass unsere Kliniken damit fertig werden. Wie in Schweden. Das war doch mal ein guter Plan und eine gemeinsame Strategie, die jeder einsah. Ein, zwei, drei meist ergraute Patienten von tausend Erkrankten werden wohl sterben. Aber sie sterben auch an heißen Sommern und kalten Wintern, an Hochwasser und Dürre und was weiß ich, was die Natur an Dramen und Tragödien bereithält. Das ist der Maßstab! Der Einzige! Das ist strategisch. Das ist verantwortungsvoll. Alle anderen jetzt durch unsere Coronaschutzmaßnahmen gestiegenen Totenzahlen, also Kollateraltoten, wie man das in Kriegen nennt, werden sich auf das Jahresübliche zurückentwickeln. Weniger Grippe und Coronatote, dafür mehr Herzinfarkt, Gehirnschlag, Krebstote etc.
Es wird sogar wie in Schweden langsam aber sicher besser und besser werden, weil immer mehr von uns die Krankheit durchgemacht bzw. durch ähnliche Krankheiten gegangen sind und das Immunsystem damit fertig wird. Wer aber das Unmögliche will, nämlich weltweit ein Virus ausrotten, muss uns sagen, dass es nie wieder Massenveranstaltungen geben wird: Kein Fußball, kein Oktoberfest, kein Karneval, kein Konzert. Kein Open-Air Grönemeyer, kein Theater, keine türkische Hochzeit mit hunderten von Gästen, kein Volksfest, keine Kirmes. Warum sagt das keiner? Warum will das keiner hören? Und wenn der sonst tapfer auftretende Prof. Dr. H. Streeck aus Bonn das dann mal in der FAZ in aller Ruhe andeutet, bleibt er damit ohne Echo und Auftritt.
Stattdessen hält die große und kleine Politik bis zum Stammtisch runter uns Eseln die Möhre einer Impfung für alle vor die Nase. Dann, erst dann naht der Tag der Freiheit. Und keiner hört auf Streeck und andere, die als Experten diesen Tag nicht sehen.