15.12.2019 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, Feldafing

Ich sitze im brandneuen „Krankenhaus für das 21. Jahrhundert“ in Feldafing. Alle Wände weiß gestrichen, wie das so vornehme Leute zuhause tun. Aber hilft die weiße Farbe beim Gesunden? Eher nicht. Es gibt doch längst Studien (Farbtherapie), welche Farbe wobei hilft. Und die superteure Krankenhauskapelle sieht aus, wie die aus dem letzten Jahrhundert auch aussehen: Teure Stühle, Kerzen vor Marienfigur, Klagebuch, Kunst am Altar, fertig! Ein Konzept für den Kopf. Sitzen drückt Herrschaft aus, hilft nicht bei der nötigen Hingabe an die heilenden Kräfte. Da waren die Griechen schon weiter und wussten, dass man in der Gottesnähe eine Einladung zum Schlafen und Träumen braucht, um zu gesunden. Aber hier ist keine Matratze, kein Bett unterm Kreuz. Eine wunderbare große Dachterrasse wird wohl auch nie erleben, dass ein paar Kranke die Nacht über einmal unterm Sternenhimmel schlafen, um besser mit Gott in Verbindung zu treten. Es ist ein Krankenhaus des 21. Jahrhunderts mit dem Healing-Konzept aus dem 19. Jahrhundert: Body first! Für die Reha stehen zig Maschinen bereit. Das ist gut so. Aber für die Seele, was steht da bereit?
Abends im Kino lächelt mir der Dalai Lama entgegen, als er lehrt, dass die alles übersteigende Herausforderung des Lebens die Beachtung des Klimas ist. Und dass alles Beten der Christen dabei nichts hilft. Zeitverschwendung, lacht er gütig! Recht hat er. Hat er mein Buch übers Beten gelesen? Und dann erzählt der Film von unseren noch unbekannten Nachbarn auf La Palma, die als „Einsteiger“ in die neue Zeit mit Permakultur lehren, so viel wie möglich mit den eigenen Händen zu arbeiten. Die Mitte des Lebens ist damit schneller erreicht. Ich werde sie besuchen und lernen.