05.04.2019 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, Kampot

Wir haben eine große Vespa gemietet. Der Regen letzte Nacht hat die Lehmstraßen mit riesigen Pfützen versehen. Mit meiner Frau auf dem Rücksitz holpern wir über die unausgebauten Pisten und Wege, entdecken verschwundene Klöster und Tempel, Pagoden. Soweit die Roten Khmer sie nicht zerstört haben. Unfassbar! Zwei Millionen Ermordete von einem Volk, das nur siebzehn Millionen zählt. Aufgeschichtete Totenschädel an der Gedenkstätte am Rande der Hauptstadt. Sehe ich deshalb so wenig alte Menschen und so viele junge? Wie viele Generationen muss ein Volk ein Trauma bearbeiten bevor es wieder Mut findet, an ein Morgen zu glauben und Tempel für die Ewigkeit zu bauen? Wir Deutschen bauen doch auch keine Gebäude mehr für die Ewigkeit. 1000 Jahren waren mal nach zwölf Jahren vorbei.
Abends fahren wir ans Meer. Und das Meer vergisst weiß auch nicht, wohin mit dem Plastikmüll. Es handelt so wie die Natur immer handelt, Auge um Auge, Zahn um Zahn: Was du nicht willst das man dir tu, das füg doch einem andern zu. Das erstickende Meer wird uns ersticken lassen.