01.10.2017 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, St. Andrews/ Schottland

Wir haben uns für ein paar britische Pfund einen kleinen 500 Fiat gemietet und fahren an der Ostküste Schottlands entlang nach St. Andrews. Ich will zwischen den rasenumwachsenen Säulenfundamenten der großen Basilika stehen und stille sein. Beten ist Lauschen! Manchmal brauche ich diese kleinen Fluchten an das Ende der Welt, um dort für ein paar magisch anmutende Momente die Größe „Gottes“ zu spüren. Der Wind zerrt an dem hochgeklappten Kragen der dunklen geflickten Wachsjacke. Und hier genau gegen den Wind und mit der Sonne haben sie vor 1000 Jahren die Allmacht und Gegenwart Gottes spüren wollen. Und eben das, was dann als Demut im eigenen Herzen davon übrig bleibt. Im Monat der 500 Jahre anhaltenden Reformation spüre ich, dass in uns Protestanten auch das germanische Keltentum überlebt hat. Wir sind oft Polterköpfe gegen den Rest der Welt, die sich nur und nur dieser Allmacht Gottes beugen wollen. Gedrückt zwar und manchmal schief wie die Bäume hier an der Küste. Aber nicht unterdrückt.