Jürgen Fliege, München
In aller Morgenfrühe zum Flughafen. Mein momentaner Ohrwurm eines portugisischen Liebesliedes kann sich nicht im Kopf halten. Ich ärgere mich schon seit Tagen und Wochen, dass der deutsche Großdichter von Stuckrad-Barre mindestens mit einer Lügengeschichte durchs Land zieht, in der er seine Gesprächspartner für sein Ego opfert. Warum stört mich das so? Warum kann ich nicht, wie nicht nur eine Freundin mir riet, ihn als „großes Arschloch“ aus meinem Kopf entsorgen? Die ganze Welt redet von „me too“ Missbrauchsopfern und verneigt sich vor ihnen und empört sich für sie. Rauf und runter, runter und rauf! Und wenn man erfahren hat, dass man selbst ein Missbrauchsopfer ist, das auch noch seinem Rufvergewaltiger freundlich die Tür geöffnet und ein Bett zum Schlafen angeboten ist, lacht die Welt. Doof bleibt eben doof! Da kommen also alte Wunden hoch. Das ist es. Sechzig Jahre her und kein bisschen geheilt.
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