Drei Kinder aus Somalia
In ihrem Beruf erlebt Anita Steininger-Stöckl immer wieder Niederlagen. Flüchtlinge, die Deutsch lernen möchten, dürfen es nicht. Flüchtlinge, die arbeiten wollen, bekommen keine Erlaubnis dazu. Die Ausländerbehörde hat das letzte Wort. Und immer wieder sagt sie: Nein. Gleichzeitig sieht die örtliche Bevölkerung die Flüchtlinge über Jahre vor ihren Unterkünften sitzen und sagt: „Die sitzen schon ewig vorm Haus rum, machen nichts und leben von unserem Geld.“ Das ist manchmal schwer auszuhalten.
Steininger-Stöckl ist Leiterin der Flüchtlings- und Integrationsberatung des Kreis-Caritasverbands Freyung-Grafenau. Sie ist so lange in ihrem Beruf, dass sie weiß: „In der Sozialarbeit muss man mit Enttäuschungen zurecht kommen.“ Manchmal geht eben nichts voran. Dafür freut sich die 58-Jährige umso mehr, wenn etwas vorwärts geht. Und dabei konnte ihr zuletzt die Stiftung Fliege helfen.
Mit Unterstützung der Stiftung haben Steininger-Stöckl und ihr Kollege Stephan Rogmanns es geschafft, dass die 26-jährige Aisha nach über drei Jahren endlich wieder ihre drei Kinder in ihre Arme schließen konnte. Seit 2019 begleiten die beiden die Somalierin. Die junge Mutter hatte sich jahrelang nichts sehnlicher gewünscht, als ihre Kinder zu sich nach Deutschland zu holen. Jetzt ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen. Die Kinder im Alter von zwölf, zehn und neun Jahren sind im November in München gelandet. Und alle durften laut jubeln - auch Rogmanns und Steininger-Stöckl.
Die Familienzusammenführung hatte die Mitarbeiter der Caritas jede Menge Arbeit gekostet. Sie sind es gewöhnt, unzählige Formulare auszufüllen und bürokratische Hürden zu überwinden, jetzt aber mussten sie auch noch Geld auftreiben.
Die Ansage der Bundesregierung war eindeutig: Aisha muss die Flüge ihrer Kinder nach Deutschland selbst bezahlen. 3000 Euro hatten aber weder sie noch die Caritas. „Wir haben kein Geld zur Verfügung“, sagt Steininger-Stöckl. Die jahrelange Vorarbeit sollte daran aber bitte nicht scheitern. Die Leiterin der Flüchtlingsberatung ließ nichts unversucht und fand auch einen Weg: Sie bat die Stiftung Fliege um Unterstützung. Und die half.
Die drei Kinder konnten in ein Flugzeug steigen und jetzt sind sie da. Aisha kann gemeinsam mit ihnen ein neues Leben in Grafenau beginnen. Die Kinder sind eingeschult. Die Sprache werden sie schnell lernen, genauso wie den Umgang mit dem Winter hierzulande. Bereits kurz nach ihrer Ankunft wurden sie mit Eiseskälte und haufenweise Schnee konfrontiert. Aisha ist überglücklich. Genauso ist es Anita Steininger-Stöckl. Jetzt kann sie über ihren Beruf sagen: „Frust und Erfolg halten sich die Waage.“
Von Victoria Weber
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