07.01.2016 Tagebucheintrag

Frankfurt

Wir landen in Frankfurt. Ich weiß nicht, dass heute Morgen das Leben meines geliebten Gymnasiallehrers langsam zu Ende geht. Ihm und seiner Liebe zu einem seiner Schüler habe ich, fünfzig Jahre her, überhaupt mein Abitur zu verdanken. Ich achte und ehre ihn bis heute. Aber TV-Karriere hat den alten doch zweifeln lassen, ob seine humanistische Bildung, die er mir hat angedeihen lassen, auf fruchtbaren Boden fiel. Keine Woche mehr und die Traueranzeige mit seinem Namen flattert mir ins Haus. Ein Friedhof wächst um jedes Haus. Er wächst auch um das meine. Es mehrt jahrein, es mehrt jahraus sich dort nun die Gemeinde. Ich werde in den nächsten Wochen Gelegenheit nehmen vor seinem Grab in die Knie zu gehen, um ihn zu ehren. Für mich ist es eine vielleicht verrückte aber ebenso liebevolle Vorstellung, dass ein Verstorbener auf die wartet, die er liebt. Und da werde ich ihn nicht enttäuschen.