Jürgen Fliege, La Palma
Drei Monate ohne Termine, ohne Telefon, ohne Stiftung, kein Tagebuch, ohne „Beruf“ gehen zu Ende. Drei Monate von Mitte Dezember bis Anfang März nur einmal das tun, was der Tag und die Nacht von mir verlangt. Eine völlig neue Erfahrung. Was für eine? Dass ich im Grunde nichts vermisse! Nicht einmal die Bücher, die ich mitnahm, habe ich alle gelesen. War ich faul? Nein! Wiewohl das Lob der Faulheit in meinem Bildungsschrank im Kopf abrufbar wäre, wenn es denn so gewesen wäre. Nein! Einen Großteil der neuen Zeit wurde vom Einstieg in eine vegane Lebensführung eingenommen. Das hatten wir uns vorgenommen, meine Frau und ich. Wenn man im Kopf einmal nicht recht weiterkommt mit dem Wachsen an Persönlichkeit, dann muss man es eben über den Körper angehen. Also: anders essen, anders leben, anders einkaufen, anders kochen, eine andere Aufmerksamkeit auf den Körper, anders durch den Garten gehen. Das brauchte alles Geduld und Zeit und Training. Wie werde ich nur damit fertig, keine Milchprodukte mehr zu mir zu nehmen, die alle nachweislich krebsfördernd sind? Wusste ich zwar schon seit zwanzig Jahren und habe die weißen Tiefkühltruhen in den Supermärkten immer heimlich Schneewittchensarg genannt, weil voll von unentdecktem Gift. War mir aber egal. Jetzt nicht mehr mit 71 Jahren.
Wenn ich drei Monate an einem Ort bin, dann macht sich mein männlicher Nestbautrieb bemerkbar und ich fange an umzubauen, anzubauen, Steinzeit-Höhlen zu erforschen und selber eine freizulegen. Hatte ich Zeit zu beten? Weniger! War nicht nötig. Ich vertraue eher meinem Lebensstil, der fröhlich atmet und dem lieben Gott nicht als lamentierendes „Opfer“ auf den Wecker geht. Heute beginnt der Frühling und ich muss langsam die Sachen für die Rückreise packen. Frühjahrsputz fällt dieses Jahr aus. Hab ich hier erledigt an Körper, Geist und Seele.
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