05.09.2016 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, Deutschland

Vor einem Jahr war ich auf La Palma, als Merkel den mehr oder minder einsamen Entschluss traf, flüchtende Syrer in unser Land zu lassen. Ich stimme ihr bis heute zu. Wenn sich auch in diesem Jahr ausgerechnet wegen der bösen Ungarn und der bösen Leute aus Mazedonien und dem bösen Erdoğan unsere Lage grandios verbessert und die der Flüchtlinge ebenso grandios verschlechtert hat, so halte ich mal fest, dass wir momentan über einer Million Leuten Schutz und Hoffnung geben. Das ist nicht wenig. Das ist viel. Bis "vorgestern" noch wollten wir nur fünftausend Syrer aufnehmen und gestatteten uns 20.000. Jetzt werden es wohl früher oder später zwei Millionen. Das geht ohne Kratzspuren nicht ab. Ist das so schlimm? Wo Liebe ist, ist auch Schmerz. Wo Brauch ist, ist auch Missbrauch. Was aber auch ich der Regierung Merkel seit Monaten vorhalte, ist, dass sie nicht erklärt. Sie fährt ihren Kurs wie ein Scheidungspartner, der nicht reden will, weil er ja recht hat, während die Frau abhaut. Rede, Angela, rede! Sag wie viele da sind, wie viele schon Arbeit haben, wie viele noch im Zelt leben und wann auch die ein festes Dach haben. Rede, Angela! Sag, dass es falsch war, den Flüchtlingsstrom wie einen Tsunami zu nehmen. Als wenn es keine Möglichkeit gegeben hätte, sie besser zu kontrollieren. Aber hätte das etwas geändert? Rede, Angela, rede mit uns! Jetzt brauchen wir eine feste Quote, wie viele wir pro Jahr nehmen und integrieren können. Nicht gerechnet jene, die wir nicht berechnen dürfen: Menschen, die an unsere Tür klopfen, weil hinter ihnen jemand steht, der sie umbringen will.