10.11.2017 Tagebucheintrag

Jürgen Fliege, Kempfenhausen

Ich fahre zu einer Dame, deren achtzigster Geburtstag bevorsteht. Sie bittet mich, ihrer großen Geburtstagsgesellschaft eine Rede zu halten. Und ich grüble. Wie man einen Nachruf auf eine ältere Dame schreibt, das weiß ich wohl. Aber was ist, wenn der Verstorbene noch lebt und alles mitbekommt. Im Grunde genommen ist es dieselbe Sicht. Da ist einer ins hohe Gebirge des Alters gestiegen und wir Jüngeren schauen ihm zu wie er die letzten Meter bezwingt. Und wir rufen ihm zu, was er für uns bedeutet als Mutter, Geliebte, Ehefrau, Partnerin, Unternehmerin und was weiß ich. Das stärkt den Rücken und lässt weiterklettern. Wer achtzig ist, ist im Zeitalter der Lebensbilanzen. Der schaut mehr zurück als nach vorne. Kein Wunder. Da sieht er auch mehr.